Zuhause - Was tun?

Was man jetzt zu Hause (endlich) tun kann - ein paar Anregungen. 

Corona zwingt uns, möglichst nur noch zu Hause zu bleiben. Aber was soll man mit all dieser Zeit anfangen? 

Natürlich, man kann sich auf fast beliebige Weise ablenken oder sonstwie «die Zeit totschlagen». Oder man kann versuchen, die Zeit (endlich) für Dinge zu nutzen, die wirklich Sinn machen, denen man aber im Alltag meist aus dem Weg geht. Jetzt, wo alles anders ist, könnte eine gute Gelegenheit sein, Dinge anzupacken, die man später bereuen würde, sie nicht getan zu haben. Deshalb habe ich ein paar Tipps für Menschen, die über ein gutes Mass an Selbstreflexion und Selbstkontakt verfügen. Einige dieser Tipps eigenen sich eher für Alleinstehende und andere eher/auch für Paare, für Familien, WGs etc.:

 

Wertschätzende Aussprachen

Jetzt all das aussprechen, was man schon lange mit sich herumträgt und eigentlich schon immer sagen wollte. Dabei kann es hilfreich sein, sich an den Regeln der Gewaltfreien Kommunikation zu orientieren (Gewaltfreie_Kommunikation). Die Regeln beinhalten grob gesagt vier Schritte:

1. Schritt: Sachlich beschreiben, worum es geht, was geschehen ist, was meine Beobachtung ist.

2. Schritt: Was ist mein Gefühl dazu (Ich-Botschaft, z.B. «Ich bin wütend.»

3. Schritt: Was ist mein Bedürfnis für diese Situation? 

4. Schritt: Was ist jetzt meine konkrete Bitte?

Dieses Vorgehen wirkt mit jedem Schritt deeskalierend und erlaubt dem Gegenüber, angemessen zu reagieren. Das kann natürlich nur funktionieren, wenn gegenseitig die Bereitschaft zu einer Lösung vorhanden ist. Wenn das Spannungsniveau zu hoch ist, sucht man besser Distanz, und wartet, bis die Spannung genügend abgeklungen ist. (Für wirklich bedrohlichere Situationen gibt es entsprechende Beratungsstellen - auch telefonische.)

 

Aktive Beziehungsarbeit

Jetzt ran an die Beziehungsarbeit. Das braucht oft Mut und Überwindung. Und oft weiss man gar nicht, wo anfangen. Dazu ein kleiner Tipp für eine achtsame Beziehungsarbeit:

·         Schalten Sie TV, Musik etc. aus, und stellen sie das Smartphone auf lautlos und mit der Front nach unten zur Seite.

·         Setzen Sie sich gegenüber.

·         Gönnen sie sich zu Beginn einen paar Minuten der Ruhe, der Sammlung, des in sich Hineinhorchens.

·         Wer zuerst den Impuls hat, beginnt.

·         Die wichtigste Regel ist, im Hier und Jetzt zu bleiben und nur von sich und den eigenen aktuellen Wahrnehmungen zu erzählen. D.h. ich sage etwas darüber, wie ich mich jetzt gerade fühle, was ich jetzt gerade im Körper wahrnehme, was ich jetzt gerade vom Gegenüber wahrnehme, was ich gerade für Impulse habe usw.. Solange das Setting gilt, muss alles andere aussen vor bleiben. Also keine Geschichten darüber, was mal gewesen ist, keine Vorwürfe an den anderen, keine Du-Botschaften, keine Rechtfertigungen, keine Erklärungen dafür, was gerade ist, kein Urteil über das Gesagte.

·         Das Gegenüber hört aktiv zu und unterbricht nicht.

·         Wenn die sprechende Person für den Moment zu Ende ist, macht sie das irgendwie deutlich (längeres Schweigen, eine klare Geste, oder ein «Das ist es für den Moment».

·         Die zuhörende Person kann allenfalls eine kurze Verständnisfrage stellen, aber dann reagiert sie nicht auf das Gehörte (also kein Urteil, keine Kritik), sondern horcht ihrerseits in sich und hat dann ihre Zeit, um genau das gleiche zu tun (erzählen, was ich hier und jetzt wahrnehme).

·         Das kann/soll sich mehrmals wiederholen.

·         Dafür setzt man sich einen zeitlichen Rahmen, z.B. 20, 30 oder 45 Minuten.

·         Danach ist Raum, um das Geschehene wirken zu lassen, zu reflektieren, Fragen zu stellen, eine längere Pause zu machen oder auch - wenn es stimmig ist - sich zu umarmen...  

Diese Art von Beziehungsarbeit kann sehr hilfreich sein und zu ganz unvorhergesehene Erlebnissen  führen. Wenn man sich wirklich an die Regeln hält, kann alleine schon das aktive Zuhören und das Wahrnehmen, dass der/die andere wirklich einfach zuhört, schon unglaublich viel Positives auslösen. Es braucht nicht mal eine Nachbesprechung, sondern wirkt von alleine.       

 

Freundschaften pflegen, Netzwerk pflegen

Jetzt erst recht Freundschaften pflegen. Gerade für Alleinstehende ist es jetzt äusserst wichtig, jeden Tag mindestens einen solchen Kontakt zu haben. Für jene, denen das Internet zu suspekt ist, oder die nicht gefunden werden wollen: Vielleicht ist das der Moment, trotzdem in passender Weise online zu gehen. Es gibt viele Plattformen, auf denen man genau einstellen kann, was welche Kategorien von Kontakten sehen dürfen (z.B. alle, nur Kontakte, mit denen man vernetzt ist, oder nur bestimmte Kontakte). Auf jeden Fall ist jetzt DIE Gelegenheit, endlich sein Netzwerk zu pflegen und auszubauen (z.B. mit Hilfe von LinkedIn, Xing, Facebook, WhatsApp, Instagram, Skype, Zoom, E-Mail, Telefon, SMS usw. usf.)

 

Den Selbstkontakt stärken

Nur schon mit sich selbst immer wieder in den Achtsamkeitsmodus gehen, kann enorm helfen. Achtsamkeitsmodus bedeutet: Ungefiltertes, nichtbeurteilendes neugieriges Wahrnehmen des inneren Erlebens im Hier und Jetzt, wie ein Beobachter, am Rand des inneren Erlebens-Flusses: Was immer in mir auftaucht, lasse ich kommen, egal was es ist (Körperempfindungen, Gefühle, Gedanken, Bilder, Träume, Sorgen, innere Stimmen, Selbstabwertung, Sehnsüchte usw. usf.), akzeptiere es als etwas von mir und lasse es wieder gehen. Dabei wird nichts hinterfragt, gelöst, problematisiert, oder festgehalten, vielmehr geht es darum, alles, was innerlich auftaucht, wertschätzend kommen zu lassen, anzunehmen und wieder gehen zu lassen. Wer damit nicht vertraut ist, kann eine passende Achtsamkeitsmeditation auf YouTube verwenden (am bekanntesten ist Jon Kabat-Zinn). Gerade für die Achtsamkeit im engeren Sinne gilt: regelmässiges Üben macht den Meister.

Auch liebevoll auf sein Leben zurückzuschauen hilft, den Selbstkontakt zu stärken (z. B. mit Hilfe von alten Fotos, oder indem man in einem entspannten Zustand innere Bilder aufkommen lässt, dazu ev. Musik aus früheren Zeiten (oder einfach meditative Musik) hört. Das braucht manchmal mentale Kraft. Aber es kann eine sehr heilsame Wirkung haben, sich bewusst der schönen Momente erinnern, die man im Leben schon gehabt hat. Wenn man einmal beginnt, diese bewusst zu suchen, kann es sein, dass plötzlich mehr und mehr solcher Momente auftauchen. Und am besten notiert man sich das Erinnerte, damit man später wieder darauf zurückgreifen kann.    

Ebenso hilfreich ist es oft, in die Zukunft zu schauen, z.B. indem man sich Gedanken macht, was man nach der Corona-Krise machen endlich mit anderen Menschen Sinnvolles tun möchte. Denn jetzt dürften wir uns bewusster werden, wie wertvoll, gute soziale Kontakte sind und wie wertvoll Freundschaften sind. 

 

Körperarbeit

Dabei ist wichtig, täglich sowohl Übungen zur Entspannung zu praktizieren als auch solche zur Aktivierung. Dafür gibt es unzählige Möglichkeiten und das Internet hat für jede dieser Möglichkeiten unzählige Anleitungen... Z.B. Yoga, Tai-Chi, Wu-Chi, Autogenes Training. Progressive Muskelentspan­nung, Achtsamkeitsmeditation, oder einfach stilles Sitzen/Liegen zu meditativer Musik oder zu passenden Trancen resp. Selbsthypnosen, die es auch auf YouTube gibt, Fitness-Übungen (es gibt unzählige, die mit dem Eigengewicht funktionieren und keinerlei zusätzliche Geräte benötigen), und natürlich tanzen, tanzen, tanzen - auch alleine zu passender Musik, oder Videos und Live-Streams - und dazu Singen. Am Anfang mag das vielen komisch vorkommen, aber einmal die Hemmschwelle überschritten, kann das viel Spass machen!).   

 

Helfen

Helfen wird von den meisten Menschen als sinnhafte Tätigkeit angesehen. Helfen verbindet. Helfen macht uns zu Menschen. Gerade jetzt haben vielen Menschen Hilfe nötig. In den Medien gibt es zahlreiche Hinweise, wo Hilfe angefragt und angeboten werden kann (z.B. Nachbarschaftshilfe, via hilf-jetzt.ch  oder die App «Five up»).

Auch ich stehe gerne für Unterstützung natürlich zur Verfügung - per Telefon, Skype, Zoom oder auch in meiner Praxis unter Einhaltung der Corona-Richtlinien. Ein erstes Gespräch ist kostenlos. (Danach ist mein Stundensatz verhandelbar.)

 

Und noch etwas:

 

Bitte keine Hamster kaufen, die armen Tiere sind aktuell schon genug im Verruf... :-)

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