Mit raffiniert ausgeklügelten psychologischen Tricks lassen wir uns zum Kauf eines nutzlosen Produktes überreden. Im Geschäft kommt es vor, dass wir uns gezwungen fühlen, auch sinnlose Anweisungen zu befolgen - und drohen dabei die Selbstachtung zu verlieren. In der Partnerschaft kommt es vor, dass wir uns gezwungen fühlen, uns nicht gegen ein verletzendes Verhalten zu wehren und unsere Bedürfnisse zurückzustecken - um des Hausfriedens Willen. Beim Arzt kann es vorkommen, dass wir bereit sind, respektloses Verhalten zu ertragen, denn er ist ja eine Autorität. Und wie ist es im Coaching?
Vertrauensbruch
Wenn Coaching sich primär um fachliche Themen oder um die Verbesserung der Arbeitstechnik dreht, dürfte die Gefahr eines Vertrauensbruchs klein sein. Wenn Coaching sich aber der Begleitung von Menschen in ihrer aktiven Selbstentwicklung widmet, sobald es um den ganzen Menschen geht, entsteht in der Regel ein echtes Vertrauensverhältnis. Darin bringt der Klient auch Aspekte seiner Persönlichkeit ein, die er sonst praktisch niemandem anvertraut. Sobald dies der Fall ist, wird es heikel. Dann ist beim Coach echte Professionalität gefragt. Denn es fühlt sich peinlich, beschämend, schockierend an, im Nachhinein festzustellen, dass man in seinem Vertrauen enttäuscht wurde oder dass man gar Opfer eines emotionalen Übergriffes geworden ist. Wenn gemäss einer jüngsten Erhebung sage und schreibe bei 10% der Ärzte Übergriffe festgestellt werden - wie hoch ist dann die Rate im Coaching?
Vorsätzliche Grenzüberschreitung
Wenn ein Coach vorsätzlich Grenzen überschreitet (z.B. durch Machtausübung und Manipulation) und seine Rolle als Vertrauensperson willentlich ausnützt, dann liegt ein Eingriff in die Persönlichkeit des Klienten vor, die durch eine Ombuds-Stelle (wie sie der BSO institutionalisiert hat) oder einen Anwalt bearbeitet werden muss. Denn ein solcher Coach ist schlicht ein Scharlatan.
Unabsichtliches Fehlverhalten
Es kann im Coaching aber auch zu Fehlverhalten kommen, das mindestens der Coach nicht wahrnimmt! So können versteckte, tabuisierte Erwartungen den Verlauf des Coachings beeinträchtigen. Das Verstecken hinter einer Methode kann zu einem Vertrauensbruch führen, weil der Klient dann zum Instrument der Methode wird. Es kommt auch vor, dass der Coach sich unbewusst als Helfer verhält, der dem Klienten die Problemlösung abnehmen will (und ihn so entmündigt). Es kann sich eine emotionale Zuwendung entwickeln, mit der der Coach nicht umzugehen versteht und die er versteckt. Und der Klient kann diese über ein Coaching hinausgehenden Ansprüche unbewusst sogar herausfordern. Gerade dann ist eine sehr achtsame und transparente Haltung beim Coach gefragt.
Was kann der Coach tun?
Gerade die soeben erwähnten Risiken zeigen klar und deutlich, dass die besten Methoden und Tools versagen müssen, wenn der Coach nicht permanent an seiner aktiven Selbstentwicklung arbeitet. Denn er muss sich seiner blinden Flecken und seiner eigenen schwierigen Themen bewusst werden, und an ihnen arbeiten, damit sie nicht unbewusst den Coaching-Verlauf beeinträchtigen. Dazu gehören nebst fortlaufender Weiterbildung und Selbsterfahrung natürlich auch Supervision, Intervision und Massnahmen zur Qualitätssicherung, wie sie v.a. die Berufsverbände (BSO, ICF) eingerichtet haben.
Und was kann der Klient tun?
Schon bei der Suche nach einem Coach ist es wichtig, sich solcher Aspekte bewusst zu sein. siehe dazu Kriterien für die Auswahl eines Coaches. Diese Kriterien sind auch beim Erstgespräch mit einem Coach sehr nützlich. Ich empfehle zudem unbedingt, sich fortlaufend darüber Rechenschaft abzulegen, ob nach dem eigenen Bauchgefühl irgendetwas im Coaching nicht sauber läuft. Sobald die innere Warnlampe zu leuchten beginnt, sollte man sich bewusst damit auseinandersetzen und sich nicht scheuen, sich mit dem Coach oder einer anderen Vertrauensperson darüber zu unterhalten und gegebenenfalls das Coaching zu beenden oder den Coach zu wechseln.
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